Die Prostata ist die häufigste Ursache der männlichen Blasenentleerungsstörung im Alter.
50% aller Männer über 60 Jahre haben eine vergrößerte Prostata. Aber nicht die Vergrößerung ist die Krankheit, meist ist eher die Wucherung der Prostata in die Blase hinein die Ursache von Beschwerden. Im angloamerikanischen Sprachraum redet man daher von LUTS, dem "lower urinary tract syndrom". Ca. 20% aller Männer über 60 Jahren leiden unter den entsprechenden Symptomen.
Die gleichen oder ähnliche Beschwerden beim Wasserlassen können aber auch durch eine Störung der Nerven die den Schließmuskel (Sphinkter) und den Blasenmuskel (Detrusor) steuern verursacht werden. In der Regel kommt das durch Einklemmen von Nerven in der Wirbelsäule.
Symptome:
Der betroffene Patient muß häufiger Wasser lassen, der Harnstrahl ist abgeschwächt, es besteht das Gefühl, daß die Blase nicht gänzlich entleert werden kann. Die Patienten leiden auch unter häufigem nächtlichen Wasserlassen. Auch der plötzlich einschiessende Harndrang, bei dem unter Umständen auch einige Tropfen Urin verloren werden, kann zur Symptomatik der Blasenentleerungsstörung gehören. In einigen Fällen ist die Verschlechterung der Blasenentleerung ein schleichender Prozeß und wird vom Patienten lange Zeit nicht bewusst wahrgenommen, bzw. der Harnstrahl kann trotz hohem Blasenauslaßwiderstand aufgrund einer massiven Drucksteigerung in der Blase relativ normal sein. Dieser Hochdruck kann die Blase so sehr schädigen, daß diese sich auch nach einer Behandlung nicht immer erholen kann.
Zur eigenen Überprüfung dient ein spezieller Fragebogen (IPSS), bei dem zu verschiedenen Fragen Punktwerte vergeben werden. Die Summation der Punkte ergibt einen Score, der das Ausmaß der Erkrankung und eine eventuell bestehende Therapienotwendigkeit anzeigt. Insbesondere ist in diesem Fragebogen auch die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die Symptome berücksichtigt.
Rückenbeschwerden können ein Hinweis sein für eine nervliche Ursache der Beschwerden.
Diagnostik:
- Anamnese bzw. Fragebogen zur Erfassung der Symptome,
- körperliche Untersuchung mit digital-rektaler Untersuchung,
- Bestimmung des PSA-Wertes zum Ausschluß einer bösartigen Prostataveränderung
- Ultraschall zur Bestimmung der Blasenbeschaffenheit (Blasenwanddicke, Aussackungen, Restharn) und Prostatagröße,
- Blasenspiegelung zum Ausschluß einer Harnröhrenenge, exakten Beurteilung der Blasenwand und Abflußbehinderung durch die Prostata,
- Harnstrahlmessung (Uroflow) und anschliessender
- Bestimmung des Restharns in der Blase mittels Ultraschall.
In wenigen Fällen kann eine Blasendruckmessung (Urodynamik) erforderlich sein, um die Ursache oder den Ausmaß der BES exakt zu bestimmen
Therapie:
Bei geringen Beschwerden des Patienten ( IPSS < 7 Punkte) ist eine Therapie im allgemeinen nicht erforderlich.
Bei den meisten Patienten kann zunächst eine konservative Therapie durchgeführt werden.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Beschwerden und ist individuell anzupassen.
Eine Hochdruckblase, sei sie durch eine Vergrößerung der Prostata oder eine Überfunktion des Schließmuskels verursacht, wird durch sogenannte Spasmolytika behandelt.
Eine Überfunktion des Schließmuskels kann in vielen Fällen zusätzlich mit Baclofen behandelt werden.
Behandlung der BPH:
Im deutschsprachigen Raum sind eine Vielzahl von pflanzlichen Präparaten zur Behandlung der Prostatabeschwerden auf dem Markt und werden zum Teil intensiv beworben: die Wirkstoffe sind Sägepalmenfrüchte (Sabal serrulata), Brennnesselwurzeln (Urtica urens), Kürbissamen (Cucurbita pepo), Roggenpollenextrakt (Secale cereale) oder Phytosterolpräparate/ß-Sitosterol (Hypoxis rooperi)).
Die Wirkungsweisen dieser Phytotherapeutika sind nach wie vor noch nicht eindeutig geklärt. Es wird eine östrogenartige Wirkung der Pflanzenstoffe (Phytoestrogen) diskutiert. Die Medikamente sind im klinischen Einsatz, ihre objektive Wirkung ist bislang aber in keiner adäquaten klinischen Studie nachgewiesen worden. Gleichwohl scheinen diese Medikamente subjektiv die Beschwerden für viele Patienten zu lindern. Im angloamerikanischen Raum haben diese Präparate keine Bedeutung.
• Alpha-Blocker
Die Alpha-Blocker sind Medikamente, die die Muskelzellen am Blasenhals und in der Prostata entspannen, somit den Auslasswiderstand der Blase erniedrigen und ein vereinfachtes Wasserlassen ermöglichen. Die Wirkung auf eine Verbesserung des Harnfluß (+5ml/s), des Restharn (-20-30%) und des Symtomscore (IPSS) (-35%) wurde in Studien bewiesen.
Auch bei Frauen scheinen die alpha-Blocker bei entsprechender Klinik eine Wirkung zu haben (z.B. neurogene BES). Die meisten Alpha-Blocker sind inzwischen als Generika erhältlich. Allerdings haben einige Alpha-Blocker die Nebenwirkung einer Blutdrucksenkung. Tamsulosin wirkt wesentlich spezifischer an den Alpha 1a Rezeptoren am Blasenhals, so daß hierbei die Wirkung auf den Blutdruck besonders gering ist. Allerding muß Tamsulosin lange vor einer Katarakt-OP abgesetzt werden!
Seitdem die alpha-Blocker als Generika kostengünstig geworden sind, zum Teil ohne Zuzahlung, und Phytopräparate vom Patienten selbst zu bezahlen aber frei verkäuflich sind, werden Sie fast nur noch von Patienten zur Selbstmedikation gekauft.
• 5-Alpha-Reduktasehemmer
5-Alpha-Reduktasehemmer (Finasterid und Dutasterid) sind Medikamente, die den Stoffwechsel der Prostata beeinflussen. Durch eine Hemmung im Testosteronstoffwechsel kommt es bei größeren Drüsen (>60ml) zu einer echten Volumenreduktion und somit einer verbesserten Miktion. Die Wirkung tritt aber erst nach einigen Wochen bis Monaten ein. Als unangenehme Nebenwirkung kann eine Verminderung der Lust und Potenz auftreten.
Von manchen Autoren wird eine schützende Wirkung vor dem Prostatakarzinom beschrieben. Diese These ist inzwischen in Studien widerlegt worden.
Operative Therapieverfahren:
Eine Operation ist nur selten erforderlich und ist notwendig bei: wiederholten Harnsperren, Restharn, ggf. mit Beeinträchtigung der Nierenfunktion, wiederkehrenden Harnwegsinfekten, Steinen in der Harnblase oder erheblichen Veränderungen in der Blasenwand (Hochdruckblase).
Bei der operativen Therapie unterscheidet man zwischen Verfahren, die direkt Gewebe abtragen und somit eine sofortige Erleichterung beim Wasserlassen bringen und sogenannte Alternativ-Verfahren.
Die häufigste und übliche Therapieform stellt die Ausschälung der Prostata mit elektrischem Strom durch die Harnröhre dar (transurethrale Resektion der Prostata, TUR-P). Dieses Verfahren gilt als der Standard der operativen Therapie und kann durch mich im Krankenhaus (stationär) durchgeführt werden. Nachteilig ist die mögliche Blutung, deren Risiko aber durch eine neue Hochfrequenz-Technologie (Dry-Cut) minimiert werden kann.
Sehr große Drüsen (>70ml) sollten mittels einer Bauchschnitt-Operation entfernt werden. Alternativ kann die Prostata in vielen Fällen mit Finasterid geschrumpft und anschließend transurethral reseziert werden.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Prostata mit LASER zu verdampfen oder abzutragen. Diese Technik wird in der Uniklinik Halle angeboten. Der (einzige) Vorteil der LASER-Vapor-TUR-P ist, daß Blutverdünner wie ASS nicht abgesetzt werden müssen.
Alternativ werden von manchen Zentren Mikrowellentherapie, Hyperthermie oder Ballonaufdehnung angeboten. Die Ergebnisse sind zum Teil ernüchternd, im besten Fall mit der TUR-P vergleichbar.