Testosteronmangel als Diabetes-Vorbote

Im Vergleich der Bundesländer sind laut einer kürzlich veröffentlichen Studie die Menschen in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt etwas dicker. Übergewicht geht oft einher mit erhöhtem Blutdruck (Hypertonie), Störungen im Zuckerstoffwechsel (Diabetes mellitus) und Fettstoffwechsel (Hyperlipidämie, Hypercholesterinämie). Dieser Zusammenhang wird als „metabolisches Syndrom“ bezeichnet und wird in den westlichen Industrienationen immer häufiger und auch bei Kindern beobachtet. Als Maß für das Übergewicht wird üblicherweise der BMI (body mass index) herangezogen, der von Größe und Gewicht abhängt. Danach würde z.B. der Olympiasieger Michael Steiner mit 183cm und 105kg mit einem BMI von 31kg/m? als adipös gelten. Daher gilt als Maß des Übergewichts der Bauchumfang in cm.
Das metabolische Syndrom ist ein Risikofaktor für Gefäßverkalkung und Herzerkrankungen.
 
Bei dickem Bauch lohnt sich nicht nur der Blick auf die Waage, sondern auch auf den Testosteron-Spiegel
Das Testosteron ist ein wichtiges Regelungshormon im männlichen Körper und hat Einfluß auf Ausbildung der männlichen Geschlechtsmerkmale (Behaarung, Penis, Hoden, Vorsteherdrüse), Blutbildung, Knochenbau, Muskulatur- und Fettbildung, Haut, Stimmung, Aktivität sowie Lust am Sex (Libido) und Erektionsfähigkeit.
 
Ein Mangel an männlichem Hormon (Testosteron) erhöht das Risiko für ein metabolisches Syndrom. Umgekehrt scheint das metabolische Syndrom den Testosteronmangel zu fördern. Bei Männern mit hohem Bauchfettanteil oder Typ-2-Diabetes sollte daher ein Testosteronmangel  abgeklärt werden..
 
Niedrige Testosteronwerte gehen oft einem metabolischen Syndrom und Typ-2-Diabetes voraus. Ein Mangel an männlichem Hormon betrifft also nicht nur die Libido. In Finnland etwa entwickelten Männer, die in einer Studie elf Jahre lang beobachtet wurden und niedrig-normale Testosteron-Werte hatten, auffallend oft ein metabolisches Syndrom. In anderen Studien wurde Diabetes mellitus um so häufiger notiert, je niedriger der Hormonspiegel war.
 
Kürzeres und schlechteres Leben bei Testosteronmangel
Der Mangel an Testosteron ist zudem mit erhöhter Sterblichkeit verknüpft. Das belegen Daten einer Studie mit etwa 800 Männern, die 18 Jahre hinweg beobachtet wurden. 583 starben in dieser Zeit. Die Sterberate bei den Männern, die zu Beginn einen verringerten Testosteron-Spiegel (unter 9 nmol/l) hatten, war um 40% höher als bei Männern mit normalen Testosteron-Werten.
Auffallend war auch, dass viele der Männer mit niedrigen Testosteron-Werten zugleich einen erhöhten Bauchumfang (ein Maß für das besonders die Gefäßverkalkung begünstigende Bauchfett) und ein metabolisches Syndrom hatten - und zwar dreimal häufiger als Männer mit normalen Werten.
 
An Testosteronmangel denken
Man sollte auch dann an einen Testosteronmangel denken, wenn ein Bauchumfang von mindestens 94 cm mit einem schmalen Körper bei normalem Body-Mass-Index (BMI) unter 25 kg/m? einhergeht: Dieser Typ Mann hat am wenigsten Testosteron. Männer mit einem hohen BMI und einem geringen Bauchumfang dagegen haben mehr Muskulatur und die höchsten Werte.
 
Wenn das Gesamttestosteron im Serum verringert ist und Symptome auftreten, kann substituiert werden. Das betrifft bis zu 23 Prozent der Männer zwischen 48 und 79 Jahren. Einigkeit über den Grenzwert herrscht aber nicht: Er variiere in Europa zwischen 8 und 12 nmol/l und liege in Frankreich sogar bei 7,5 nmol/l. Wobei eine Standortabhängigkeit zweifelhaft ist. Immerhin plädieren mehrere Leitlinien für die Hormongabe, wenn der Wert zweimal unter 8 nmol/l liegt. Wichtig bei der Bestimmung ist auch der Untersuchungszeitpunkt, da der Testosteronspiegel erheblichen tageszeitlichen Schwankungen unterliegt.
 
Wann kann man von Testosteronmangel sprechen?
Bleibt die Frage nach der Aussagekraft der Messwerte. Denn die individuellen Unterschiede sind groß. Und sinkende Spiegel bei älteren Männern führen nicht immer zu einem Testosteron-Mangel: Mancher 70-Jährige hat höhere Werte als viele Junge. Ein Rückschluss auf das Niveau in jungen Jahren ist jedoch nicht möglich: Ein niedrig-normaler Wert etwa kann früher hoch gewesen und stark gefallen sein. Kann ein starker Abfall starke Symptome auslösen? Oder war der Spiegel nie besonders hoch?
 
Für die Therapieentscheidung solle deshalb auf die Symptome geachtet werden. Sie sind unter 8 nmol/l praktisch immer zu erwarten. Bei Beschwerden ist ein Therapieversuch auch ab 12 nmol/l gerechtfertigt. Immer öfter wird zudem empfohlen, schon ab 15 nmol/l zu handeln, wenn Symptome vorliegen.

Haben Sie einen Testosteronmangel? Testen Sie sich! Hier geht es zum AMS-Fragebogen.
 
Testosteronmangel sollte behandelt werden.
Eine Behandlung mit Testosteron bei Hormonmangel hat eine Wirkung auf den gesamten Körper. In einer Studie mit 108 Männern ab 65 Jahren mit Testosteronmangel ging unter Behandlung die Gesamtfettmasse zurück, die Muskelmasse stieg, die Blutfettwerte normalisierten sich, der Bauchumfang schrumpfte sichtbar, die Stimmung und die Aktivität verbesserten sich erheblich und nebenbei kam es auch zu einer verbesserten Libido und einer Verbesserung der Potenz. Der Effekt auf den Stoffwechsel scheint dosisabhängig zu sein und erklärt den Einfluss auf die Insulinempfindlichkeit. Noch weiter reichen Ergebnisse einer Cross-over-Studie mit 24 Typ-2-Diabetikern mit Testosteronmangel. Sie erhielten drei Monate lang Testosteron oder ein wirkungsloses Medikament (Placebo). Im Vergleich zu Placebo sanken unter Testosteron Insulinresistenz, HbA1c, Nüchternblutzucker und Bauchumfang. Alle Unterschiede waren signifikant. 
 
Die Behandlung erfolgt heutzutage in der Regel mit einem Gel, welches täglich aufgetragen wird oder mit einer 3-Monats Spritze. Die Kosten der Therapie werden von der Krankenkasse getragen.
 
Kein erhöhtes Krebsrisiko durch die Behandlung
Die Behandlung mit weiblichen Hormonen bei Frauen nach der Menopause hat zu einem erhöhten Auftreten von speziellen Tumorerkankungen bei der Frau geführt. Dies hat eine intensive Suche nach erhöhten Tumorerkrankungen bei Männern unter Hormonbehandlung geführt. In der oben genannten Studie über 18 Jahren konnte auch über diesen langen Zeitraum kein erhöhtes Tumorrisiko festgestellt werden. Unter Behandlung kommt es nur zu einem geringen relativen Wachstum der Vorsteherdrüse wobei Patienten mit Hormonmangel in der Regel eine deutlich verkleinerte Drüse haben. Es kann allerdings zu einem „erwachen“ von „schlummernden“ Prostata-Krebs kommen, weshalb der PSA-Wert, ein Tumormarker, regelmäßig kontrolliert werden sollte.
 
Der erste Schritt ist, mit Ihrem Arzt zu sprechen und sich bei einem Spezialisten mit Zusatzbezeichnung „Androloge“ untersuchen zu lassen.